Ukraine 2019: Wahlen, Reformen, und Zivilgesellschaft
Erfolgreicher Abschluss der PAIC-Studienreise für (Nachwuchs)WissenschaftlerInnen aus Deutschland nach Kiew
Zwischen dem 4. und 9. November 2018 hatten acht NachwuchswissenschaftlerInnen mit dezidiertem Ukraineschwerpunkt die Möglichkeit, einen umfassenden Einblick in die Think-Tank-Landschaft der Ukraine zu gewinnen, sich mit den aktuellen politischen Prozessen auseinanderzusetzen und darüber mit ausgewiesenen ExpertInnen zu diskutieren. Es standen die Stärkung deutsch-ukrainischer Synergien im akademischen Bereich und die Identifikation von Kooperationsmöglichkeiten mit ukrainischen KollegInnen im Fokus des Aufenthalts.
2019 wird gleich zweimal in der Ukraine gewählt — ein/e neue/r PräsidentIn im März 2019 und ein neues Parlament im Oktober 2019. Zudem vollzieht die Ukraine einen umfassenden Reformprozess, dessen Prioritäten im kommenden Jahr unter anderem auf Korruptionsbekämpfung, dem Energiesektor und der öffentlichen Verwaltung liegen werden. Die Regierungsarbeit wird dabei kritisch, beratend und kommentierend durch zivilgesellschaftliche Organisationen (Civil Society Organisations – CSOs) begleitet, deren Bedeutung in der Ukraine seit der Revolution im Jahr 2014 zugenommen hat. Grund genug, die diesjährige Studienreise nach unter dem Titel „Ukraine 2019: Wahlen, Reformen, und Zivilgesellschaft“ stattfinden zu lassen.
Im Laufe der Studienreise kamen unsere TeilnehmerInnen mit den wichtigsten Organisationen aus den Bereichen der Korruptionsbekämpfung, Energie, EU-Integration, Sicherheit, Wahlen und Dezentralisierung zusammen, um ihre wissenschaftlichen Arbeiten voranzutreiben und sich eingehend mit den aktuellen Prozessen zu beschäftigen. In den Diskussionen wurde deutlich, dass ein spürbarer Reformerfolg den langfristigen Kurs der Ukraine stark determinieren wird. Sowohl für die ukrainische Elite als auch für die Bevölkerung stehen mühsame Reformen bevor, die einerseits das Potenzial besitzen, die demokratische Transformation entweder nachhaltig zu sichern oder die Unterstützung der Bevölkerung für eine europäische Integration der Ukraine zu schmälern. Besondere Bedeutung kommt hier der Einrichtung des hohen Antikorruptionsgerichts zu, das voraussichtlich im März 2019 seine Arbeit aufnehmen wird.
Der Ausgang der Wahlen verbleibt trotz der guten Umfragewerte zugunsten Julija Timoshenkos derzeit ungewiss. Aufgrund der hohen Wahlkampfkosten ist jedoch nicht mit einem/r Vertreter/in der post-Maidan-Parteien zu rechnen. Die während der Studienreise besuchten CSOs sehen die Lokalwahlen im Jahr 2020 als wichtigere Möglichkeit, jungen Reformparteien eine Wählerbasis zu erschließen. Die größte Herausforderung bestehe für CSOs nun darin, breite Wählerschichten außerhalb der Großstädte über politische Prozesse zu informieren und zur aktiven Teilnahme zu bewegen.
Die zivilgesellschaftlichen Organisationen und insbesondere Think-Tanks in der Ukraine haben sich – auch dank internationaler Unterstützung – stark professionalisiert und ihre Kapazitäten gesteigert. Im Rahmen des 2014 entstandenen Reforms Delivery Office innerhalb des Ministerkabinetts bekamen sie zudem einen verbesserten Zugang zu EntscheidungsträgerInnen. In Hinsicht auf die verschiedenen Akteure und Interessenlagen innerhalb der Ukraine bleiben CSOs auf absehbare Zeit Europas natürlichste Verbündete.
Die Studienreise fand im Rahmen des Projektes „Platform for Analytics and Intercultural Communication“ (PAIC) statt, welches das Institut für Europäische Politik (IEP, Berlin) in Zusammenarbeit mit der Ilko Kucheriv Democratic Initiatives Foundation (DIF, Kiew) und der Denkfabriken-Initiative „think twice UA“ (Kiew) mit Unterstützung des Auswärtigen Amtes in den Jahren 2018–2019 durchführt. Im Mittelpunkt des Projekts stehen die Schaffung von Synergien zwischen ukrainischen und deutschen Denkfabriken und der Wissenstransfer über Prozess in der Ukraine nach Deutschland sowie die Förderung von Fachkompetenzen ukrainischer Think-Tanks.
Neben Studienreisen werden Workshops für Vertreter*innen ukrainischer Think-Tanks, Konferenzen und Ukraine-Fachgespräche durchgeführt. Außerdem publiziert das Projekt die Interviewserie „Klartext“, in der ukrainische ExpertInnen zu ihren Organisationen und Kernreformen befragt werden. In diesem Jahr ist zudem die Veröffentlichung einer Vergleichsstudie zur Arbeit ukrainischer und deutscher Denkfabriken vorgesehen.