Perspektiven zum Verfassungsvertrag im Vorfeld des Juni-Gipfels
Podiumsdiskussion am Mittwoch, den 23. Mai 2007 zum Thema „Die Perspektive für den Juni-Gipfel und die europäische Verfassung nach den Präsidentschaftswahlen in Frankreich“.
Auf Einladung des Instituts für Europäische Politik (IEP) diskutierten am Mittwoch, den 23. Mai 2007, Vertreter aus Politik und Wissenschaft, unter dem Vorsitz von
- Dr. Angelica Schwall-Düren, MdB und
- Prof. Dr. Wolfgang Wessels, Universität zu Köln,
nach Impulsreferaten von
- Ministerialdirigent Peter Tempel, Leiter der Europaabteilung, Auswärtiges Amt,
- Prof. Dr. Ingolf Pernice, Humboldt-Universität Berlin und
- Dr. Melanie Piepenschneider, Leiterin der Akademie der Konrad-Adenauer-Stiftung, Berlin
sowie einem Kurzkommentar von
- Prof. Dr. Mathias Jopp, Institut für Europäische Politik
zum Thema „Die Perspektive für den Juni-Gipfel und die europäische Verfassung nach den Präsidentschaftswahlen in Frankreich“.
Dabei ging es um die Frage, wie der schwierige Verhandlungsprozess der nächsten Wochen konstruktiv begleitet werden könne. Die Teilnehmer diskutierten aus juristischer und politischer Perspektive mögliche Optionen für eine Vertragsreform, welche bei allen beteiligten Akteuren auf Zustimmung stoßen könnten. Das heißt, sowohl bei den 22 einem Verfassungsvertrag positiv gesinnten Mitgliedstaaten (18, die den Verfassungsvertrag bereits ratifiziert und 4, die ihre Zustimmung signalisiert haben) als auch bei den 5 eher skeptischen.
Einige Teilnehmer waren optimistisch, dass der Juni-Gipfel einen konkreten Fahrplan für die Regierungskonferenz vorgeben werde. Wichtig sei ein konkretes Mandat darüber, was nicht verhandelbar, erneut verhandelbar und was zum Verfassungsvertrag hinzugefügt werden könnte. Große Sorge bestand hingegen darüber, dass ein Kompromiss über einen einfachen Änderungsvertrag im Sinne des Modells ‚Nizza-Plus’ mit Abstrichen an den wichtigen Errungenschaften des Verfassungsvertrages verbunden sein könnte. Während einige Diskutanten dem Wegfall von Symbolen und einem bloßen Verweis auf die Grundrechtecharta (insbesondere aus juristischer Sicht) relativ nüchtern entgegen sahen, sprachen andere von einer Mogelpackung, da gerade diese für den Bürger eine identitätsstiftende Verbindung zur EU schaffen könnte. Darüber hinaus habe die Debatte vielerorts so hohe Erwartungen geweckt, dass diese durch einen Kompromiss nur enttäuscht werden könnten.
Einig waren sich alle Beteiligten, dass die Bürger rechtzeitig informiert und in den Prozess eingebunden sowie eine neue Debatte um den europäischen Mehrwert von Entscheidungen geführt werden müsste. Das Entscheidende in den Verhandlungen sei jetzt, dass die ‚Substanz’ des Verfassungsvertrages erkennbar bliebe, damit Europa jenseits aller national so unterschiedlich verstandenen Begrifflichkeiten auch mit 27 Mitgliedstaaten handlungsfähig bleiben könne. Die Kosten der Nicht-Verfassung und eine mögliche ‚Ent-Demokratisierung’ sollten jedoch bewusster im Bargaining-Prozess eingebracht werden.
Ort: Jean-Monnet-Haus, Bundesallee 22, Montessori-Saal
Von: Anne Schmidt