IEP Panel Discussion on: „The Impact of the British Referendum on the European Union“
Dr. Peter Ptassek, Beauftragter für Grundsatzfragen, Gemeinschaftspolitiken, strategische Koordinierung und stellvertretender Leiter der Europaabteilung im Auswärtigen Amt sowie Iain Begg, Professor an der London School of Economics referierten am 12. Juli 2016 in der Vertretung der Europäischen Kommission in Berlin zum Thema „The Impact of the British Referendum on the European Union“. Dr. Funda Tekin vom Centre international de formation européenne (CIFE) kommentierte und ergänzte anschließend die Beiträge. Bernhard Schnittger, stellvertretender Leiter der Vertretung der Europäischen Kommission in Deutschland, hielt ein Grußwort. Moderiert wurde die Veranstaltung von Prof. Dr. Mathias Jopp, Direktor des Instituts für Europäische Politik (IEP).
Ptassek formulierte eingangs die Erwartung, dass Großbritannien sich bald darüber klar wird, wann es die formale Austrittserklärung nach Art. 50 EUV an den Europäischen Rat schickt. Erst dann könne auf der Basis von Leitlinien des Europäischen Rates mit den Verhandlungen über den Austritt und die zukünftigen EU-GB-Beziehungen begonnen werden. Positiv an der aktuellen Situation sei, dass die EU als solche nach langer Zeit zu einem Thema in der öffentlichen Debatte geworden ist. Dabei ist vielen die Bedeutung der Errungenschaft der Europäischen Union vor dem Hintergrund eines Austritts wieder ins Bewusstsein gekommen.
Begg erklärte, dass praktisch keiner in Großbritannien mit dem negativen Ausgang des Referendums gerechnet habe. Cameron verfehlte sein Ziel, durch das Referendum ein starkes Argument gegen die Euroskeptiker, vor allem in der eigenen Partei, an die Hand zu bekommen, da er bei seinem weiteren Europakurs auf den Willen der Bevölkerung hätte verweisen können. Die Brexit-Befürworter nutzten die Gunst der Stunde, um Werbung in eigener Sache zu machen, waren aber von dem „Erfolg“ ihrer Kampagne selbst überrascht und hatten genauso wenig wie die Cameron-Regierung einen Plan für die Implementierung einer „leave“- Entscheidung. Insgesamt ist durch den Ausgang des Referendums eine „lose-lose“-Situation eingetreten, die sowohl für Großbritannien als auch für die EU negative wirtschaftliche und politische Auswirkungen hat.
Tekin fasste anschließend noch die Chancen und Risiken zusammen, die durch das Referendum entstanden. Sie bemerkte, dass sich Europa seit einigen Jahren in einem permanenten Krisenzustand befindet, und wies auf die Herangehensweise der differenzierten Integration als ein Instrument für das Krisenmanagement hin. Dieser wird in Zukunft eine verstärkte Rolle zukommen, um die EU arbeitsfähig zu erhalten und zentrifugalen Kräften entgegenzuwirken.
In der folgenden Diskussion griffen die Besucher das Thema Domino-Effekt auf und damit die Frage, wie hoch die Wahrscheinlichkeit sei, dass andere EU-Staaten, wie Ungarn, die Niederlande oder gar Frankreich, dem britischen Beispiel folgen könnten. Hierzu waren die Panel-Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Auffassung, dass diese Gefahren zwar bestünden, aber relativ gering seien. Weitere Fragen behandelten die Perspektive Schottlands und die zukünftige Kooperation der EU mit Großbritannien in außen- und sicherheitspolitischen Fragen. Begg vertrat die Auffassung, dass eine Abspaltung Schottlands von Großbritannien mit Blick auf die wirtschaftliche und die sehr schwierige haushaltspolitische Lage (er zog Vergleiche zu Griechenland) unwahrscheinlich sei.
Von: Paul Freilinger