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IEP-Mittagsgespräch mit Peter Tempel am 3. Dezember 2008: “Ende der französischen Ratspräsidentschaft und Ausblick auf den Dezembergipfel”

Beim letzten Mittags­ge­spräch des Jahres 2008 gab Minis­te­ri­al­di­rektor Peter Tempel, Abtei­lungs­leiter im Auswär­tigen Amt, einen Ausblick auf den kommenden Gipfel des Europäi­schen Rates in Brüssel und sprach über die Bilanz der franzö­si­schen Ratsprä­si­dent­schaft. Tempel benannte drei Kernthemen, mit denen sich die Staats- und Regie­rungs­chefs der 27 Mitglied­staaten während des tradi­tio­nellen Dezem­ber­gipfels befassen würden: Erstens die Frage der Energie- und Klima­po­litik, zweitens die weltweite Finanz­krise und drittens die Ratifi­zierung des Vertrags von Lissabon.

Nachdem der Europäische Rat bereits im März 2007 eine umfas­sende Energie- und Klima­stra­tegie mit den bekannten 20%-Zielen beschlossen hatte und von Seiten der Europäi­schen Kommission im Rahmen des Klima-Energie-Pakets vom Januar 2008 vier Rechts­set­zungs­vor­schläge vorgelegt wurden, gelte es jetzt, die Befürch­tungen der emissi­ons­in­ten­siven Volks­wirt­schaften einiger mittel- und osteu­ro­päi­scher Mitglied­staaten zu disku­tieren. Diese warnten vor Wettbe­werbs­ver­zer­rungen durch die Gefälle in der techno­lo­gi­schen Entwicklung innerhalb der EU-27. Es müsse deshalb bei der zukünf­tigen Ausge­staltung des Emissi­ons­han­dels­systems eine Lösung gefunden werden, um die geplante Verab­schiedung des Klima-Energie-Pakets beim Gipfel zu ermöglichen.

Beim Thema Finanz- und Wirtschafts­krise betonte Minis­te­ri­al­di­rektor Tempel, dass nicht nur kurzfristige Maßnahmen zur Eingrenzung der Krise, sondern auch langfristig eine neue Finanz­markt­ar­chi­tektur notwendig sei. Die EU habe in diesem Bereich die natio­nal­staat­liche Agenda beein­flusst. Man habe sich im Rat auf vier neue Rechts­set­zungs­pro­zesse geeinigt, die die Erhöhung des Eigen­ka­pitals der Banken, die Stärkung der Einlagen-Garantien, die Aufsicht und die Spiel­regeln für Fonds beträfen.

Bezüglich der Ratifi­zierung des Vertrags von Lissabon fasste Tempel zusammen, dass bereits 25 Mitglied­staaten das parla­men­ta­rische Verfahren erfolg­reich abgeschlossen hätten, während in Tsche­chien ein Urteil des Verfas­sungs­ge­richts abgewartet werden müsse und in Irland erst eine breitere politische Diskussion statt­finden müsse. Das irische Parlament hat mit der Einrichtung des Unter­su­chungs­aus­schusses “Zukunft Irlands in der EU” den ersten Schritt für eine erfolg­reiche Ratifi­zierung getan. Der Unter­su­chungs­aus­schuss habe sich mit absurden Argumenten von Euroskep­tikern ausein­an­der­ge­setzt, wie einer angeb­lichen EU-Wehrpflicht oder dem Zwang zur Betei­ligung an einer EU-Armee. Neuver­hand­lungen des Vertrages schloss er aus. Der Zeitpunkt des Inkraft­tretens werde nur durch das Einver­ständnis Irlands bestimmt. Sollte die künftige Kommission nicht nach den Regeln des Vertrags von Lissabon bestimmt werden können, so müsse der Rat entscheiden, wie sie sich zusam­men­setzen werde.

Während der franzö­si­schen EU-Ratsprä­si­dent­schaft, so Tempel abschließend, sahen sich die EU und Frank­reich krisen­haften Ereig­nissen gegenüber. Die Georgien- und die Finanz­krise seien große Heraus­for­de­rungen gewesen. Die EU habe jedoch demons­triert, dass sie durch ihre einheit­liche Position, die die franzö­sische Ratsprä­si­dent­schaft entschlossen nach außen vertreten habe, auf der inter­na­tio­nalen Bühne ein einfluss­reicher und starker Akteur sei.