IEP-Mittagsgespräch mit I.E. Ruth Evelyn Jacoby am 9. Juli 2009: “Die Prioritäten der schwedischen EU-Ratspräsidentschaft”
Vor dem Hintergrund der schwierigen wirtschaftlichen Ausgangslage für die schwedische EU-Ratspräsidentschaft in der zweiten Jahreshälfte 2009 verwies die Botschafterin in Berlin I. E. Ruth JACOBY, Botschafterin des Königreichs Schweden, einleitend auf ein Zitat des Musikers John Lennon „Life is what happens when you‘re busy making other plans“. Denn während noch vor Beginn der Trioratspräsidentschaft der EU-Mitgliedstaaten Frankreich, Tschechien und Schweden keine Krisenanzeichen zu erkennen waren, seien die Herausforderungen an die schwedische Regierung nun immens. Angesichts der Finanz- und Wirtschaftskrise, welche Europa in die schwierigste wirtschaftliche Lage seit Jahrzehnten gebracht habe, sei es für die schwedische EU-Ratspräsidentschaft nun eine besondere Herausforderung, kurz- und langfristig die Situation in den EU-Mitgliedstaaten zu verbessern.
Jacoby erklärte, dass ein herausragendes Ziel schwedischer Europapolitik ein starkes, handlungsfähiges und verantwortungsbewusstes Europa sei. Mittels einer offenen und ergebnisorientierten Präsidentschaft wolle sich die schwedische Regierung nun den bevorstehenden Aufgaben annehmen und den Erwartungen an ihre Agenda gerecht werden. Dabei seien folgende Schwerpunktthemen abzuhandeln:
- Wirtschaft (Maßnahmen zur Überwindung der Wirtschaftskrise)
- Beschäftigung (Schaffung von Arbeitsplätzen)
- Klimaschutz (Einigung auf ein neues internationales Klimaabkommen)
Unter schwedischer Führung gelte es, die Arbeit der vorangehenden EU-Ratspräsidentschaften zur Überwindung der Finanz- und Wirtschaftskrise fortzusetzen und in erster Linie das Vertrauen in funktionierende Finanzmärkte wieder herzustellen. Ein vorrangiges Ziel müsse sein, Arbeitsplätze zu erhalten und in nachhaltigen Zukunftssektoren neue zu schaffen. Die schwedische Regierung plane, eine exit-Strategie zu entwickeln und in diesem Kontext der Frage nachzugehen, wie eine Finanzkrise diesen Ausmaßes zukünftig zu verhindern sei.
EU-Präsidentschaft notwendig, betonte Jacoby. So sei es der EU nicht gelungen, wie in dieser Strategie festgehalten, bis 2010 zur wettbewerbsfähigsten Region weltweit zu werden. Mittels einer Diskussion über Nachhaltigkeit, Innovation und Forschung sowie einer entsprechenden Neujustierung der Maßnahmen könnte jedoch eine Realisierung dieses Ziels in den Jahren 2015 oder 2020 möglich sein.
Für die Verhandlungen zu einem neuen internationalen Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen zu Klimaänderungen (Post-Kyoto-Prozess) im Dezember 2009 in Kopenhagen strebe der schwedische EU-Vorsitz nach einer gemeinsamen europäischen Position, fuhr Jacoby fort. Auf diese Weise könnten auch Schwellen- und Entwicklungsländer zu Zugeständnissen für die Verwirklichung der Klimaziele motiviert werden. Europa allein werde es indes nicht gelingen, auf die Herausforderungen des Klimawandels adäquat zu reagieren. Zudem müssten ärmeren Ländern Wege aufgezeigt werden, wie ein ökologisch verträgliches Wirtschaftswachstum zu erreichen sei.
Die weiteren Themen der schwedischen EU-Ratspräsidentschaftsagenda zählte Jacoby zu den von ihrer Regierung nicht frei gewählten. Sie seien vielmehr Teil der fortlaufenden EU-Agenda. Hierzu gehörten unter anderem die Fortführung der Ratifizierung des Vertrags von Lissabon sowie dessen erhoffte Implementierung gegen Ende des Jahres (trotz der Verzögerung durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts) aber auch Fragen der Migrations- und Sicherheitspolitik (Stockholmer Programm). In diesem Bereich folge die schwedische Regierung dem Prinzip eines sicheren Europas für alle Bürger und der Zielsetzung einer Erleichterung von Arbeitsmigration.
Mit der geplanten Verabschiedung der EU-Ostseestrategie beinhalte die Agenda des Weiteren ein Thema, das den Schweden sehr am Herzen liegt. Mit ökologischen Standards solle die Region mehr wirtschaftliche Dynamik erhalten und übrigen europäischen Regionen, wie beispielsweise dem Donauraum, als Vorbild einer erfolgreichen, makroregionalen Zusammenarbeit dienen, erklärte Jacoby.
Weitere Informationen zu Themen der schwedischen EU-Ratspräsidentschaft können in englischer Sprache auf der offiziellen Website (www.se2009.eu/en) eingesehen werden.
Ein deutschsprachiges Angebot zum Fortgang der schwedischen EU-Ratspräsidentschaft ist auf den Internetseiten der schwedischen Botschaft in Berlin (www.swedenabroad.com) geplant.