Die EU als globaler Akteur aus deutsch-italienischer Sicht
Das über einen Zeitraum von drei Jahren angelegte Projekt zielt darauf ab, die traditionelle Nähe italienischer und deutscher Vorstellungen über Inhalte und Verfahren einer europäischen Außen‑, Sicherheits- und Verteidigungspolitik sichtbarer werden zu lassen und mit geeigneten Vorschlägen zu verstärken.
Projekt: Institutional Trends in CFSP/ ESDP in the Wake of the EU’s Constitutional Crisis
Mit dem von der Compagnia di San Paolo (Turin) geförderten Projekt erweitert das Institut seine bereits bestehenden Kooperationen mit Partnern in Italien.
In regelmäßig stattfindenden Expertentreffen von Wissenschaftlern und GASP-Praktikern beider Länder werden aktuelle Themen erörtert und gemeinsame Optionen formuliert. Zentrale Aspekte betreffen dabei:
- die innere „Verfasstheit“ von GASP und ESVP – Trends in der institutionellen Entwicklung und den Beschlussverfahren;
- militärische Einrichtungen, Fähigkeitsziele und ihre Umsetzung;
- Anwendungsfelder für europäisches (ziviles und militärisches) Krisenmanagement;
- transatlantische Beziehungen;
- strategische Partnerschaften der EU und Beziehungen zu ausgewählten Drittstaaten.
Im Rahmen des ersten Expertentreffens am 27./28.Juni 2006 in Rom zum Thema “The EU as a Global Player – Strengths and Weaknesses of the CFSP and ESDP as Seen from an Italian-German Angle” ging es u.a. um die in Berlin und Rom unterschiedlich akzentuierte Frage, wie GASP und ESVP nach dem vorläufigen Scheitern des Verfassungsvertrages weiterentwickelt werden können. Während nach italienischen Vorstellungen durchaus bestimmte Reformvorschläge bereits jetzt vorweg genommen werden könnten – etwa die Schwächen der rotierenden Präsidentschaft dadurch zu kompensieren, dass der Hohe Vertreter für die GASP zumindest fallweise den Vorsitz im Rat Auswärtige Angelegenheiten übernimmt – plädiert die Bundesregierung für ein Festhalten am Gesamtpaket, für dessen Schicksal ihr unter dem deutschen EU-Vorsitz in der ersten Hälfte 2007 besondere Verantwortung zuteil werden wird.
Breiten Raum in den äußerst lebhaften Debatten der ca. 30 Teilnehmer aus Wissenschaft und GASP-Praktikern aus Brüssel wie den beiden Hauptstädten nahm ferner die Frage ein, inwiefern in einer auf 25 Mitglieder angewachsenen EU Flexibilisierungstendenzen ein notwendiges Element für die Entscheidungsfindung in der GASP darstellen. Hierüber bestehen zwischen Italienern und Deutschen traditionell dann unterschiedliche Vorstellungen, wenn – wie etwa im Falle der EU‑3 gegenüber dem Iran – die eine Seite, d.h. Berlin, diesem „Direktorium“ angehört, die andere hingegen nicht und man dort, aber auch im Kreis der anderen nicht unmittelbar beteiligten EU-Länder den Eindruck gewinnt, dass in den kleineren Zirkeln EU-Positionen als der gemeinsame Standpunkt der 25 vorweg bestimmt werden und hierüber keine weitere Diskussion mehr möglich ist.
Ungeachtet gewisser Nuancen in der Vorgehensweise und Bewertung mancher GASP-Politiken zeigte die Tagung auch das große Reservoir gemeinsamer deutsch-italienischer Grundvorstellungen zu Fragen von GASP und ESVP auf. Mit dem Amtsantritt der Prodi-Regierung in Rom und ihrem deutlich schärferen europapolitischen Profil im Vergleich zur Vorgängerregierung scheint – so die Hoffnung vieler Teilnehmer – einer wieder engeren deutsch-italienischen Abstimmung nunmehr der Weg geebnet zu sein!
Von: Dr. E. Regelsberger