14. Deutsch Französischer Dialog
Am 10. und 11. Mai 2012 fand im Lichte des Ergebnisses der französischen Präsidentschaftswahlen sowie anhaltender Versuche einer Regierungsbildung nach den griechischen Parlamentswahlen der 14. Deutsch-Französische Dialog unter dem Titel „Mehr Europa! Aber wie?“ statt.
Die Forderung, die angesichts einer zunehmenden Anzahl von Stimmen, die Schritte der Desintegration zumindest ernsthaft diskutieren, als provokant erscheinen mag, war auf dem von der ASKO EUROPA-STIFTUNG und der Europäischen Akademie Otzenhausen in Zusammenarbeit mit dem Institut für Europäische Politik e.V. und weiteren Partnern organisierten Deutsch-Französischen Dialog breit geteilter Konsens. Für die Frage nach den Wegen zu mehr Integration bot sich in den vier Arbeitsgruppen und zwei Podiumsdiskussionen dennoch genügend Stoff zur kontroversen Debatte. Bereits zu Beginn des Dialogs wurde mit Blick auf den jüngst in „Die Zeit“ veröffentlichten Appell „Wir sind Europa. Manifest zur Neugründung der EU von unten“ darauf verwiesen, dass man nicht allein in der theoretischen Überlegung verharren dürfe, sondern die Forderungen auch Konkretisieren und in die Tat umsetzen müsse. Die Relevanz dieser Forderung wurde durch die Bandbreite an Herausforderungen deutlich, denen sich die Europäische Union derzeit gegenüber sieht und die in den vier Arbeitsgruppen diskutiert wurde.
Die erste Arbeitsgruppe, die vom Institut für Europäische Politik e.V. zusammen mit der Fondation Charles Léopold Mayer pour le Progrès de l’Homme und den Citizens For Europe e.V. geplant und durchgeführt wurde, widmete sich der doppelten Infragestellung der Legitimität der Europäischen Union durch die wachsenden Herausforderungen an ihre Handlungsfähigkeit sowie der zunehmend stärkeren Einforderung von Möglichkeiten zur Beteiligung an politischen Entscheidungsprozessen durch zivilgesellschaftliche Akteure. In der Diskussion der Defizite des politischen Systems der Union sowie der Optionen diese durch Reformen der repräsentativen, der direkten und der partizipativen Demokratie zu lindern wurde deutlich, dass politische Entscheidungen heute einer zunehmenden Komplexität in drei Dimensionen unterliegen: (1) einer Komplexität der politischen Herausforderungen; (2) einer institutionellen Komplexität; und (3) einer partizipativen Komplexität.
Die auch in der Arbeitsgruppe 1 hinsichtlich ihrer Implikationen für die Legitimität der Union angeschnittene Eurokrise wurde mit Blick auf die Frage europäischer Solidarität als Herausforderung für die Union in der Arbeitsgruppe 2 vertieft diskutiert. Kontroverse Debatten erzeugte hier insbesondere die Frage danach, wie mehr Integration erreicht werden könne. Die Bewertung der bereits ergriffenen und der derzeit diskutierten Maßnahmen fiel unter den Teilnehmer/innen zum Teil sehr unterschiedlich aus.
Die mit deutlicher Ausrichtung auf das Institutionensystem und politische Aufgaben geführten Debatten in den drei anderen Arbeitsgruppen ergänzte die Arbeitsgruppe 3 um den Blick auf die kulturelle Heterogenität innerhalb der Union. Mit der Thematisierung eines zunehmenden Erstarkens nationalistischer Ressentiments gegen die europäische Integration sowie sowie der Frage nach der kulturellen Dimension des deutsch-französischen Motors, unterstrich die Arbeitsgruppe, dass auch dieses Thema hoch politisch ist.
Mit den Beziehungen der Europäischen Union zu den nordafrikanischen Nachbarstaaten widmete sich die Arbeitsgruppe 4 einem Thema, das trotz seiner Relevanz für die weitere europäische Integration seit den großen Umwälzungen des Jahres 2011 sukzessive aus dem Fokus geraten ist. Dies gelte sowohl für die breite Öffentlichkeit wie die Bemühungen, eine einheitliche europäische Politik gegenüber den nordafrikanischen Staaten zu schaffen. Die Diskussionen erwiesen dabei, dass es sich hier nicht um eine rein außenpolitische Herausforderung handelt, sondern durch die Migrationsströme auch interne Fragen der Menschenrechte, Solidarität und der künftigen wirtschaftlichen Entwicklung der Union angeschnitten werden.
In der abschließenden Podiumsdiskussion wurden die Ergebnisse und Kontroversen der einzelnen Arbeitsgruppen zusammen getragen. Dass die Forderung des 14. Deutsch-Französischen Dialogs dabei nicht infrage gestellt oder gar widerlegt, sondern unterstützt wurde, ist in Zeiten wachsender Euroskepsis ein gutes Signal, das hoffentlich auch bei der anstehenden Neujustierung der deutsch-französischen Beziehungen zentrales Leitmotiv wird sein.
Weitere Informationen zum Deutsch-Französischen Dialog finden Sie auf der Internetseite der ASKO-EUROPA STIFTUNG.