Forschungsergebnisse: Zivilgesellschaft und COVID-19 Krisenmanagement in Kirgisistan und Tadschikistan
Die EurasiaLab Fellows
Das Team besteht aus den drei Nachwuchswissenschaftlern Azizjon Berdiqulov, Muslimbek Buriev und Sergey Marinin, die in verschiedenen Bereichen arbeiten, aber einen gemeinsamen akademischen Hintergrund haben. Durch ihre Erfahrungen in der Leitung von diversen Forschungsprojekten haben die Teammitglieder sowohl ihre Forschungs- als auch ihre Projektmanagement-Fähigkeiten weiterentwickelt. Über die enge Zusammenarbeit mit ExpertInnen, staatlichen sowie nichtstaatlichen AkteurInnen haben sie solide Kompetenzen in der Analyse der Politiken Zentralasiens in Bezug auf Zivilgesellschaft und Demokratisierungsprozesse, Menschenrechte und politische Mobilisierung von Minderheiten erworben. Das Team konnte – auch für die Umsetzung ihres Forschungsprojekts – auf ein diverses Netzwerk insbesondere im zentralasiatischen Kontext zurückgreifen, wo persönliche Kontakte für die Informationsbeschaffung eine entscheidende Rolle spielen.
Projektbeschreibung und Methoden
Das Forschungsprojekt hatte zum Ziel, die Dynamiken der Aktivitäten von zivilgesellschaftlichen Organisationen während der COVID-19-Pandemie in Kirgisistan und Tadschikistan zu identifizieren und zu charakterisieren. Insbesondere haben die Fellows untersucht, welche Rolle zivilgesellschaftliche Organisationen (CSOs) während der Krise eingenommen haben, um die lokale Bevölkerung zu unterstützen. Das Hauptanliegen des Forschungsprojektes war es, basierend auf dieser Analyse Empfehlungen zu entwickeln, wie lokale Regierungen und internationale Organisationen die Strategien eines nichtstaatlichen krisengetriebenen Aktivismus in ihre jeweiligen Politikansätze integrieren können.
In einem ersten Schritt haben die Fellows mehrere Interviews mit zivilgesellschaftlichen AkteurInnen und VertreterInnen internationaler Organisationen in beiden Ländern geführt. Die Fellows haben anschließend die Ergebnisse dieser Interviews im Hinblick auf die Strategien von CSOs und die Zusammenarbeit mit staatlichen Stellen nach dem Ausbruch der globalen Covid-19-Pandemie analysiert.
Projektergebnisse
Unterschiedliche Kontexte für die Arbeit von CSOs in beiden Ländern und der Grad an politischer Freiheit beeinflussten leicht voneinander abweichende Entwicklungen, wie die Zivilgesellschaften auf die durch die Pandemie verursachte Krise reagierten. Das Forschungsprojekt hat jedoch gezeigt, dass es in beiden Staaten klare Tendenzen gibt, dass zivilgesellschaftliche AkteurInnen den Staat entweder ganz ersetzt oder zahlreiche Lücken gefüllt haben, die durch die staatlichen Versäumnisse mit Hinblick auf die Covid-19-Pandemie entstanden sind. Nichtsdestotrotz haben die Zivilgesellschaften in beiden Ländern eher eine kooperative Haltung eingenommen und das Zusammenspiel von Staat und CSOs war auf den unteren Ebenen mäßig erfolgreich.
Die Fellows stellten mehrere gemeinsame Trends bei den nichtstaatlichen AkteurInnen in beiden Ländern fest: Erstens beobachteten sie, dass zivilgesellschaftliche Organisationen durch eine bessere Aufgabenverteilung eine höhere Koordination und Effizienz während der Pandemie erreichten. Zweitens nutzten sie in großem Umfang digitale Technologien für Fundraising, Werbung und Kommunikation. Zudem suchten die zivilgesellschaftlichen AkteurInnen die Zusammenarbeit mit staatlichen Stellen, was sich vor allem beim Transport von Waren, Medikamenten, Lebensmitteln und Ausrüstung als nützlich erwies. Nach der ersten Welle der Pandemie bekundeten einige Befragte von neu gegründeten zivilgesellschaftlichen Organisationen in Kirgisistan ihre Absicht, für Sitze in Gemeinde- oder Stadträten zu kandidieren oder sogar eigene politische Parteien zu gründen. Als Reaktion auf die Pandemie beschlossen viele Organisationen, mit staatlichen Institutionen zu kooperieren und diese zu ergänzen, um die Krise zu bewältigen. Staatliche Stellen zeigten eine hohe Bereitschaft zur Zusammenarbeit und verzichteten in den meisten Fällen darauf, die Aktivitäten von CSOs zu erschweren.
Auf der Grundlage dieser Ergebnisse geben Azizjon, Muslimbek und Sergey drei Empfehlungen:
- Zivilgesellschaftliche AkteurInnen sollten Peer-to-Peer-Trainings initiieren und Kompetenzen zu Mobilisierungsstrategien und Krisenmanagement austauschen, um Fundraising-Strategien und Ressourcen zu diversifizieren und die Abhängigkeit von GeldgeberInnen zu verringern.
- Internationale Organisationen sollten den politischen Dialog verbessern und die Zusammenarbeit zwischen staatlichen und nichtstaatlichen AkteurInnen erleichtern sowie Initiativen zum Kapazitätsaufbau für zivilgesellschaftliche AkteurInnen fortsetzen.
- Staatliche Institutionen sollten zivilgesellschaftliche Organisationen und andere nichtstaatliche AkteurInnen dauerhaft in das Krisenmanagement einbeziehen, um von ihren Kompetenzen, Netzwerken und ihrem Wissen zu profitieren. Außerdem sollten das Registrierungsverfahren für neue zivilgesellschaftliche Organisationen vereinfacht und digitale Plattformen für die gemeinsame Abstimmung mit zivilgesellschaftlichen Organisationen in Notsituationen geschaffen werden.
Projekterzeugnisse
Mehr über das Forschungsprojekt von Azizjon, Muslimbek und Sergey im “Eurasia on the Move”-Podcast erfahren Sie hier.
Darüber hinaus haben die Fellows ihre Ergebnisse und Analysen in dem Papier „Civil Society and the Covid-19 Governance Crises in Kyrgyzstan and Tajikistan“ zusammengefasst, das in englischer und russischer Sprache verfügbar ist.